Freshfields allein: Leidet die Marke ohne Bruckhaus, Deringer und Erzengel? (2024)

Freshfields allein: Leidet die Marke ohne Bruckhaus, Deringer und Erzengel? (1)

Aus Freshfields Bruckhaus Deringer wird schlicht: Freshfields. Damit verschwinden Namen, die seit Jahrzehnten den Rechtsmarkt prägen. Es geht nicht um irgendeine Kanzlei, sondern die mit Abstand umsatzstärkste und eine der einflussreichsten: Ehemalige Freshfields-Anwälte finden sich in nahezu allen JUVE-Top-50-Kanzleien.

Dass auch dem Freshfields-Engel die Flügel gestutzt werden, sorgt für besonders viele Diskussionen in Markt. Da wollen auch wir nicht hintanstehen: Einschätzungen zum Freshfields-Rebranding von Christine Albert und Martin Ströder, die als JUVE-Redakteure seit vielen Jahren den Markt beobachten.

Engel lässt man nicht fallen

Länger als fast alle anderen Kanzleien, die um die Jahrtausendwende international fusionierten, hat Freshfields an den deutschen Bestandteilen ihres Namens festgehalten. Als in den Nullerjahren die Namen von Traditionshäusern wie Schön Nolte, Feddersen oder Pünder von den Briefköpfen verschwanden, war das allenfalls eine Randnotiz im Markt. Doch nun macht Freshfields um ihren neuen Auftritt eine erstaunlich große Welle. Dabei nehmen viele, insbesondere der jüngeren Generation, die Verkürzung des Kanzleinamens mit einem Schulterzucken hin. Anders soll es bei dem Engel-Logo sein. Mit dessen Abschaffung im Außenauftritt opfert Freshfields ein Logo mit hoher Identifikationskraft zugunsten eines politisch korrekten Auftretens, aber ohne besonderes Wiedererkennungsmerkmal.

Immer wieder feilen Kanzleien an ihrem Außenauftritt, auch Freshfields hat in langen Abständen ein paar feine Details verändert. Doch nun geht es nicht mehr darum, ob der Pfeil des Logo-Engels nach oben oder unten zeigt. Er wird schlichtweg abgeschafft – jedenfalls nach außen hin. Das neue Logo kommt nicht nur mit einem verkürzten Namen, sondern auch mit einer neuen Farbe und Großbuchstaben daher. Darüber haben sich sicherlich viele schlaue Menschen lange die Köpfe zerbrochen. „Dynamisch und mutig“ sei das, teilte die Senior-Partnerin Georgia Dawson in einer Pressemitteilung mit. Hier weiß jemand um die Macht der Marke und die Wichtigkeit ihrer Botschaft

Vor 24 Jahren, als Freshfields Bruckhaus Deringer entstand, war im deutschen Rechtsmarkt der Markengedanke noch lange nicht besonders verbreitet, das Geschäft immer noch vor allem ein Peoples Business. Dennoch war vor allem Bruckhaus eine starke Marke und die Partner kämpften in den Fusionsgesprächen hart dafür, dass sie auch erhalten bleibt. Über viele Jahre war die Namensgebung für die deutsche Praxis ein Ausdruck dafür, dass die Fusion auf Augenhöhe stattgefunden hat.

Mehr Selbstbewusstsein, bitte!

Doch das Jahr 2000 ist lange her. Viele, die sich stark mit den alten deutschen Kanzleinamen identifiziert haben, sind heute ohnehin gar nicht mehr da. Die aktuell jüngsten Partnerinnen der deutschen Praxis waren damals zwölf Jahre alt. Einige der jungen Generation sollen sogar überrascht gewesen sein, dass der neue Markenauftritt überhaupt auf einem Partnermeeting besprochen wurde.

Die Abschaffung des Erzengels Michael aus dem Logo dürfte vor allem internationalen Ambitionen geschuldet sein. „Der Engel passt einfach nicht mehr in das neue Bild“, meint ein Partner. Man will beim Ausbau jenseits des Atlantiks niemandem anderen Glaubens mit einem christlichen Symbol vor den Kopf stoßen. Dass das Engel-Logo intern weiter verwendet wird, zeigt: Seine Abschaffung ist umstrittener als die Namensverkürzung. Auch nach außen hätte die Kanzlei ruhig so selbstbewusst sein können, es zu behalten: Den Erzengel gibt es längst nicht nur im Christentum, sondern er kommt auch im Judentum und Islam vor. Vor allem aber machte es den Auftritt so besonders: Mit so einem speziellen Logo können nicht viele im Markt aufwarten. Hohe Identifizierung, ein großer Wiedererkennungsgrad und Ausdruck einer langen Tradition – nicht nur IP-Rechtlern dürfte klar sein: So etwas ist Gold wert.

Das Rebranding ist damit also vor allem eines: eine weitere Investition in die Globalisierung der Kanzlei. Der Schritt in die USA war mutig und kostet auch entsprechend: Mittlerweile ist die US-Praxis auf rund 500 Berufsträger gewachsen und damit ähnlich groß wie die deutsche. Durchdacht geht die Kanzlei dabei auch die Integration an, aber eher still. Dabei müsste sie eigentlich darum mehr Getöse machen. Denn weder eine neue Farbe noch ein kurzer Name oder ein neues Logo werden der Kanzlei ein einziges neues Mandat bringen.

Christine Albert leitet unser Magazin JUVE Rechtsmarkt und war als Fachredakteurin viele Jahre für das Markenrecht zuständig.

Freshfields wird ohne Not ein Stück beliebiger

Freshfields Bruckhaus Deringer, die führende Kanzlei in Deutschland, schien bislang den Beweis antreten zu wollen, dass man auch als Kanzlei mit tiefen Wurzeln in den europäischen Märkten eine globale Elitekanzlei sein kann – auch und vor allem mit einem starken Auftritt in den USA. Nun wirft sie die an ihre deutsche Herkunft erinnernden Namen Bruckhaus und Deringer über Bord. Und auch das ikonische Wappen des Erzengels Michael, das auf den britischen Gründer der Kanzlei verweist, gibt sie zugunsten eines ziemlich ausdruckslosen neuen Logos ohne jegliche historische Reminiszenzen auf. Als Begründung für den Schritt führt Managing-Partnerin Georgia Dawson die Zukunft der Organisation als globale Elitekanzlei an.

Zeitlose Exzellenz steckt auch im Namen

Ob dies angesichts einer globalisierten und insgesamt erodierenden globalen Wirtschaftsordnung für eine Firma ihres Ranges wirklich der richtige Weg ist? Eher nein. Freshfields täte gut daran, die Bindungswirkung von namensgebender und namensprägender Kultur trotz der notwendigerweise eingeschlagenen US-Expansion nicht zu verneinen. Die Kanzlei hat das Format, eine globale Größe zu sein – gerade auch mit ihren überlieferten europäischen Herkunftsmerkmalen.

Für die verbliebenen unabhängigen Kanzleien Europas jedenfalls ist Kultur geradezu eine Existenzversicherung im Wettbewerb mit den internationalen Kanzleien. Und auch die US-Kanzleien, mit denen Freshfields mehr denn je im Wettbewerb steht, schätzen und pflegen sie. Sie alle wissen, dass Kanzleien dann am stärksten sind, wenn es ihnen gelingt, ihre Geschichte als Ausweis einer zeitlosen Exzellenz zu institutionalisieren. Auch dieser Ausweis, der sich insbesondere in Namen und Zeichen manifestiert, rechtfertigt den Preis, den sie für ihre Dienstleistungen verlangen. Dieser Ausweis hat Freshfields vor allem auch im deutschen Markt zu einer führenden Kraft gemacht. Dass sie wichtige Bestandteile dieses Ausweises nun ohne erkennbare Not den Geschichtsbüchern übergibt, macht die Kanzlei nicht direkt zu einer neuen Dentons, aber immerhin ein gutes Stück beliebiger.

Martin Ströder leitet das Kanzleiressort der JUVE-Redaktion.

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Author: Jamar Nader

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